Die studierte Juristin und Psychologin aus Berlin begann ihr ehrenamtliches Engagement bereits zu Schulzeiten. Seitdem sucht sie neue Wirkmöglichkeiten und stellt fest: Das ist gar nicht so einfach, denn mehrere Komponenten müssen passen. GOLDWIND verrät sie, welche das sind...
Sandra, Sie haben sich bereits mehrfach ehrenamtlich engagiert. Wie sah Ihre erste Station aus?
Als ich 13 Jahre alt war, gab es in der Schule eine „Asylbewerber-AG“, die von einer Deutschlehrerin initiiert wurde. Wir sind einmal pro Woche nachmittags ins Asylbewerberheim gefahren und haben mit den Kindern dort gespielt. Fußball, Hausaufgabenhilfe und dergleichen. Das direkte positive Feedback der Kinder war toll! Die AG ist irgendwann zerbröselt und ich habe das bis zum Abi alleine weitergemacht. Mit einer Familie habe ich heute noch Kontakt. Die sind wieder im Libanon, das Mädchen von damals ist jetzt um die 30. Wir telefonieren alle paar Monate und sie erzählt, wie es ihr so geht. Ich habe sie auch schon finanziell unterstützt oder ihr Tipps bei Bewerbungen gegeben.
Was kam nach dem Abi?
Während des Jurastudiums hatte ich kein Ehrenamt. Das soziale Engagement hat mir jedoch gefehlt. Mit Beginn des zweiten Studiums wollte ich wieder aktiv werden. Nach einem längeren Auslandaufenthalt hoffte ich zudem, über das Ehrenamt neue Kontakte zu knüpfen. Ich dachte, da treffe ich Gleichgesinnte.
Wofür haben Sie sich entschieden?
Wegen meiner Arbeit im Asylbewerberheim hatte ich Jura studiert. Ich wollte mich für Menschenrechte einsetzen. Das hat im Jurastudium aber keine große Rolle gespielt, weil das Thema sehr speziell ist. Ich habe mir daher eine Hochschulgruppe gesucht, die sich für Menschenrechte einsetzt. Ich war aber nur ca. ein Jahr aktiv dabei. Mir waren die Aktionen zu wenig effektiv. Wir haben Briefe an Staatschefs geschrieben und sind mit einer Spendenbüchse durch Kneipen gezogen. Für mich war schwer nachvollziehbar, ob das irgendwas bringt, was wir da machen. Außerdem gab es viele in der Gruppe, die sich selbst darstellen wollten und das für ihren Lebenslauf gemacht haben. Ich hatte das Gefühl, ich kann hier nicht das bewegen, was ich gerne bewegen will.
Haben Sie es mit einem anderen Engagement probiert?
Ja, ich war danach in der Jugendorganisation des Lions Club, den Leos. Die Aktionen waren besser. Wir haben im Altersheim mit den Menschen Kuchen gegessen und Brettspiele gespielt. Es ist eine ganz andere Art der Hilfestellung, aber es kommt jemanden direkt zugute. Du siehst den Effekt und bekommst unmittelbar ein Dankeschön. Das Problem war, dass ich damals schon 27 Jahre alt war. Die meisten Leos sind aber um die 20. Das hat nicht so gepasst.
Das heißt nach Ihrem ersten, so prägenden Engagement haben Sie nie wieder etwas gefunden, das Sie so erfüllt hat?
Nein, nichts, was ich über so einen langen Zeitraum gemacht hätte. Ich denke, dass letztlich die Personen, die in so einer Gruppe sind, ganz wesentlich sind. Du musst auch gerne wegen der Leute hingehen, nicht nur wegen der Themen. Wenn die Leute passen, dann kann man auch über nicht ganz so effektive Aktionen hinwegsehen. Wenn beides nicht stimmt, lässt die Motivation nach. Es waren immer auch nette Menschen dabei, ganz klar. Aber mir fehlten Leute, mit denen man sich über das Thema hinaus gut versteht und anfreundet.
Ist ein finanzielles – gruppenunabhängiges – Engagement für Sie eine Alternative?
Wenn ich mal einen Aufruf per Brief bekomme, spende ich immer. Es gibt aber keine Organisation, die ich regelmäßig unterstütze. Das ehrenamtliche Engagement gibt mir mehr. Mir sind die Rückmeldungen wichtig: Zu hören, dass ich wirklich etwas helfen konnte, und die gezeigte Dankbarkeit. Beim Geldspenden gehe ich zwar auch davon aus, dass es was bringt, wenn die Organisation das Geld verantwortlich einsetzt. Aber es ist abstrakter und beruht auf ungeprüfter Hoffnung. Mir ist es wichtiger, etwas zu finden, wo ich mich selbst engagieren kann. Vielleicht würde ich dieser Organisation zusätzlich Geld spenden. Das wäre eher die Kombination.
Liebe Sandra, vielen Dank für Ihre Geschichte. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass Sie wieder ein geeignetes Engagement finden.
>> Sandra zeigt, dass der Wille und die Lust sich sozial zu engagieren, allein nicht immer ausreichen. Die konkrete Aufgabe ist weniger ausschlaggebend. Entscheidend sind vielmehr die erzielte Wirkung, die direkte Rückmeldung darüber (auch in Form von Dank) und das Umfeld. Wenn das passt, steht einem langfristigen Engagement wenig entgegen.
GOLDWIND wünscht, dass es Ihnen gelingt, Ihren motivierten Ehrenamtlichen ein Umfeld zu schaffen, auf das sie sich ebenso freuen, wie auf die wirkungsvollen Taten.
* Das Interview stammt aus dem Jahr 2014. Sandra gehört zur Generation X.
In der Reihe GOLDWIND fragt - Spender antworten kommen Spender zu Wort, um ihre Sicht der Dinge zu schildern. Die Auswahl der Interviewpartner erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität. Namen von Organisationen werden weitgehendst neutralisiert, da keine Spenderaussagen zu einzelnen Organisationen dargestellt werden sollen. Vielmehr ist das Augenmerk auf generelles Spenderempfinden gerichtet.