Liebe Fundraiserinnen und Fundraiser, warum habt ihr eigentlich so wenig Freude am Danken?
Hää, wir danken doch?, werden viele nun denken. Aber Hand aufs Herz: Wie viel Arbeitszeit fließt in die Erstellung von Dankesbriefen? Und im Vergleich: Wie viel in die Konzeption von Spendenmailings?
Woher kommt diese Schieflage, wo doch „Bitte“ und „Danke“ gleich wichtig sind, im Umgang miteinander? Bitte, liebe Fundraiser, erklärt es mir!
Den meisten Menschen fällt das Danken leichter als das Bitten. Fragt man sie, ob sie sich lieber für eine Spende bedanken würde als um eine zu bitten, fällt die Antwort eindeutig aus. Dennoch wird viel Energie auf das Bitten verwendet. Und zwar nicht nur, weil diese unliebsame Tätigkeit so viel mehr davon kostet. Nein, das Bitten wurde professionalisiert und steht daher im Fokus der Aufmerksamkeit. Der Dank ist nur das "Beiwerk" nach getaner Arbeit.
Die Bitte ist das A und O der Spenderansprache. Der Dank das wichtigste Instrument der Spenderbindung. Müsste er daher im Arbeitsalltag nicht denselben Stellenwert einnehmen wie ein Spendenmailing? Klar, ohne Bitte kein Anlass zum Danken. Doch in Zeiten sinkender Responsequoten wird die Bindung immer wichtiger. Nun haben die meisten NGOs verstanden, dass sie danken „müssen“ und tun das konsequent. Das ist ein echter Fortschritt. Bei größeren NGOs gibt es mehrere Dankbriefvarianten für Projekt-, Einzel- und Dauerspender und einen Zeitplan für den Versand. Der Dank wurde standardisiert, damit er schnell verfügbar und vom Spenderservice zeitnah versandt werden kann. Das ist gut – und auch wieder nicht.
Denn der „Standard“ lässt sich aus den meisten Dankbriefen herauslesen. Aus meiner Sicht sind die Inhalte (neben einer zu wenig ausgeklügelten Danksystematik) derzeit die größte Schwachstelle des Dankes. Ein guter Dankbrief folgt einer ähnlichen „Komposition“ wie ein Spendenbrief. Er muss emotionalisieren und ein Nach-Spendenerlebnis schaffen. Er lebt vom Storytelling des Erfolgs und ehrt den Spender. Der Dank steht für soziale Anerkennung und diese gebührt dem Spender. Viele Dankbriefe, die ich – beruflich oder privat – zu lesen bekommen habe, folgten jedoch dem folgenden Schema: Zwischen einem „vielen Dank für Ihre Spende“ und einem „nochmals Dankeschön, es grüßt Sie herzlich…“ kam vor allem die Organisation selbst zu Wort. Da wird im besten „Projektantragsdeutsch“ berichtet, was die Organisation alles Tolles leistet und wofür sie ein Schulterklopfen verdient. Für den Spender heißt das: Lesen, zustimmend nicken, Brief weglegen, vergessen. Und irgendwann nicht mehr lesen, weil eh nichts Neues drin steht.
Was mir ebenfalls auffällt: Während sich das Spendenmailing mit Fotos und Flyer schmücken darf, bleibt für den Dank ein bleiernes, tristes DinA4-Geschreibsel übrig. Mit etwas Glück darf der Vorstandsvorsitzende von oben rechts dem Spender entgegen lächeln. Einmal im Jahr liegt vielleicht ein Kalenderchen bei. Nichts im Vergleich zur „Incentiveflut“ bei Spendenbriefen. Aber dort regiert die Responsequote, die bedient werden will. Die deutlich schwerer messbare Spenderbindung muss zurückstecken. Dabei wäre ein Dankgeschenk angebrachter. Dies mit einer dem Dank innewohnenden Bescheidenheit zu erklären, ist verständlich, aber zu wenig. Auch die Bitte wurde einst „schlicht“ vorgetragen – und dann professionalisiert.
Damit unter dem Aschenbrödel die Prinzessin zum Vorschein kommt, muss mehr investiert werden. Und zwar nicht nur Ressourcen. Dankbriefe sollten grundsätzlich anders gedacht werden als bisher: Spenderorientierter und differenzierter. Um das volle Potenzial auszuschöpfen, das ein guter Dankbrief entfalten kann, gehört er auf die Tagesordnung der Leitung. Einmal im Jahr die Text(varianten) für die nächsten zwölf Monate freizugeben, reicht nicht aus. Für kleinere NGOs besteht die Herausforderung darin, überhaupt allen zeitnah zu danken. Ein jährlicher Sammeldank ist sicher einfacher zu bewerkstelligen, aber psychologisch bei weitem nicht so effektiv. Die häufig anzutreffende Trennung von Spendenmailings in den Referats-/Direktmailingabteilungen und Dank im Spenderservice ist ebenfalls ungünstig. Aufruf und Dank gehören zusammen. Immerhin lassen einige NGOs das Dankschreiben bei einer Spendenkampagne vom Profi mittexten. Doch die freien Spender haben weiterhin das Nachsehen. Für die wird Inhouse nach „bewährtem“ Schema getextet. Weil nicht jeder Fundraiser ein Storytellingtalent besitzt, fällt der Text entsprechend sachlich(er) aus. Das schadet nicht, ist aber weit entfernt vom Optimum.
Natürlich gibt es auch tolle Beispiele von NGOs, bei denen der Dank einen hohen Stellenwert hat. Und das liest man! Ich finde es nur unglaublich schade, dass der Standard-Dank allzu oft der Standard ist. Das ist schade für die Spender, die sich den Dank verdient haben, und für die NGO, die mit Sicherheit profitieren würde, wenn sie dem „kleinen“ Dank einmal große Aufmerksamkeit widmet.
Liebe Fundraiser:in, VIELEN DANK für das Lesen dieses Textes. Das bedeutet, dass Ihnen der Dank nicht egal ist. Sollten Sie jedoch die ganze Zeit den Kopf geschüttelt haben, weil es bei Ihnen ganz anders ist, dann freut mich das sehr! Schicken Sie mir bitte einen Ihrer Dankbriefe zu. Gerne nehme ich ihn in meine (überschaubare) Positivliste auf. Sollten Sie dagegen durchweg zustimmend genickt haben, melden Sie sich ebenfalls. Gemeinsam schauen wir, wie Sie mehr aus Ihren Dankbriefen herausholen können. Es lohnt sich!