„I am Overhead“ ist der stolze Schlachtruf von Dan Pallotta, amerikanischer Autor (Uncharitable) und Menschenrechtsaktivist. Damit ruft er auf, selbstbewusst zum eigenen Berufsstand zu stehen. Dagegen steht der oft genutzte Werbespruch „100% Ihrer Spenden fließen in Projekte“. Realität trifft Spenderberuhigung. Wie viel „Wahrheit“ dürfen wir den Spendern zutrauen?
„Ich gehöre zu den Verwaltungskosten“
Zugegeben, auf Deutsch klingt das nicht sexy. Da helfen auch alle Erfolgsstorys nichts (s. Beitrag in diesem Infoletter). Und dennoch: Der Grundgedanke ist wichtig. Für die Fundraiser ebenso wie für die Spender! Transparenz heißt nicht, nur den Anteil der Verwaltungskosten irgendwo im Jahresbericht auszuweisen. Zu Transparenz gehört auch Spenderaufklärung!
Hinter dem offensiven Verweis, dass Spenden „zu 100% ankommen“, oder der sanfteren Methode des Nicht-Hinweisens auf Verwaltungskosten, steht die Angst Unterstützer zu verlieren. Ist diese Gefahr tatsächlich groß? Kann es nicht eher sein, dass ein Spender verärgert ist, wenn er erst durch Zufall auf die Höhe der Verwaltungskosten stößt?
Ich erlebe das so (und der ein oder andere wird sich wiedererkennen): Wenn ich Menschen außerhalb des Fundraising erzähle, was ich beruflich mache, ernte ich in der Regel Interesse und Lob. Ist ja toll, dass ich mich für gemeinnützige Organisationen einsetze und mein Wissen dort anbringe. Wenn ich sage, dass ich Rechnungen schreibe, die aus Spenden finanziert werden, weicht die Anerkennung einer hochgezogenen Augenbraue. Der Hinweis darauf, dass die Mitarbeiter der Organisationen ebenfalls ein Gehalt bekommen, fördert das Verständnis. Ich stelle allerdings fest: Viele denken in dem Moment zum ersten Mal darüber nach, dass Verwaltung und Gehälter durch Spenden finanziert werden. Sie fühlen sich getäuscht, haben sie doch meist die „100% kommt an“-Formel im Kopf, die suggeriert, dass alles andere „irgendwie nichts kostet“.
Es braucht nur wenige, stichhaltige Argumente, um Akzeptanz für eine spendenfinanzierte Verwaltung zu erwirken. Alle sind sich einig, dass Mitarbeiter angemessen bezahlt werden, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen und dass es sinnvoll ist, professionell zu agieren. Selbst die Kosten von Spendenbriefen werden schließlich akzeptiert. Die meisten sehen ein, dass es sich lohnt, weggeschmissene Briefe hinzunehmen, um diejenigen zu erreichen, die spendenwillig sind. Die akzeptierte Botschaft lautet: Durch die Verwaltung entstehen keine Un-kosten, sondern sie ist die notwendige Investition, um mehr zu erreichen!
Am Ende solcher Diskussionen steht nicht mehr die Frage, ob Verwaltungskosten und externe Dienstleister moralisch gerechtfertigt sind. Entscheidend wird, wofür genau das Geld ausgegeben, wie viel und wie nachhaltig, also effizient es eingesetzt wird. Die Toleranzgrenze (=akzeptabler Verwaltungskostenanteil) muss jeder Spender individuell für sich definieren und anhand dessen seine Organisationen auswählen. Für die Organisationen ist das vielmehr Chance statt Gefahr. Nachhaltig wirtschaftende sowie professionell und strategisch agierende Organisationen profitieren davon. Sie haben beste Argumente für ihre Unterstützer. Schwarze Schafe würden von den Spendern selbst besser entdeckt und gemieden. Denn: Wer nicht über Verwaltungskosten nachdenkt, der kontrolliert sie nicht vor einer Spende.
Zum „Tabuthema Spende“ gesellt sich das „Tabuthema Verwaltungskosten“. Die zum Großteil unwissende Bevölkerung kann letzteres nicht allein aufbrechen. Das muss von den spendensammelnden Organisationen ausgehen. Am besten von allen gemeinsam!
Aber Vorsicht: Vermeiden Sie im Dankesschreiben trotz aller Offenheit, die Spenden den Verwaltungskosten zuzuordnen. Für die Aussage „100% Ihrer Spende floss in unsere Verwaltung“ werden Sie wohl niemals Applaus ernten. So geschehen bei einer Bekannten, die darüber – bei allem Verständnis – not amused war.
GOLDWIND wünscht Ihnen mündige Spender, die Sie nicht trotz Ihrer Kosten, sondern wegen Ihrer gut arbeitenden Verwaltung gerne unterstützen!