Für die Ernte Danken? In drei Wochen ist es wieder soweit. Doch in einer Zeit, wo wir uns an Supermarktöffnungszeiten bis 20, 22 oder gar 24 Uhr gewöhnt haben und die meisten Obst- und Gemüsesorten ganzjährig verfügbar sind, erscheint ein eigener Erntedank-Tag wie aus einer anderen Zeit. Nahrung ist für die meisten zu einer Selbstverständlichkeit geworden.
An eingehende Spenden kann sich eine gemeinnützige Organisation auf Dauer ebenfalls gewöhnen. Doch sollten selbst kleiner Einzelspenden nie so selbstverständlich werden, dass ein Dank nicht mehr nötig scheint. Er ist entscheidend für die psychologische Spenderbindung, wie der folgende Artikel zeigt.
Zu danken, das ist für uns eine früh gelernte Höflichkeitsform(el): Sei artig und bedank dich, sagte die Mutter stets. „Zwei Schlüsselchen öffnen dir jedes Herz […] sie heißen Bitte und Danke“, stand in unseren Poesiealben der Schulzeit. Und ja, zu danken, das öffnet Herzen – und verstärkt Hilfeleistungen.
Hilfeleistungen, egal welcher Art, gehen immer auch mit antizipierten Belohnungen einher. So erhofft sich ein Spender, dass es den Notleidenden bald besser geht, was auch sein eigenes Mitleid- oder Schuldgefühl reduziert. Er vertraut einer Organisation und erwartet Erfolgserlebnisse, die ihm bestätigen, das Richtige getan zu haben. Er freut sich, dass er durch eine Spende seinem Selbstbild eines wohltätigen Menschen gerecht werden konnte. Er fühlt sich der Gemeinschaft der Organisation verbunden und stärkt dieses Gefühl durch seine Unterstützung.
Eine der wichtigsten Belohnungen stellt jedoch der Dank dar. Der Psychologe A. Maslow beschrieb in seiner bekannten Motivationstheorie fünf Kategorien von Bedürfnissen, die wir befriedigen möchten. Auf den unteren Stufen stehen physiologische Bedürfnisse (z.B. Hunger, Durst, Schlaf) und Sicherheitsbedürfnisse. Sind diese weitestgehend zufriedengestellt, werden weitere Kategorien relevant: Soziale Bedürfnisse (Liebe, Familie, Freundschaft), Soziale Anerkennung und Selbstverwirklichung treiben uns fortan an, ohne jedoch jemals eine Sättigung zu erreichen. Während wir durchaus zeitweise satt und ausgeschlafen sind und uns abgesichert fühlen können, sind soziale Bedürfnisse unstillbar. Wir möchten mehr.
Obwohl es auf den ersten Blick nicht unserer Kultur entsprechen mag, sich öffentlich mit einer Wohltat zu „brüsten“, sind wir dennoch stolz darauf, Gutes bewirkt zu haben. Ein offen ausgesprochener Dank würdigt unsere Spende und/oder Hilfe und wir erhalten durch ihn soziale Anerkennung, die für uns ein so hohes Bedürfnis darstellt. So verwundert es nicht, dass viele Spender gerne einer Veröffentlichung ihres Namens zustimmen oder sich gar am Spendenobjekt selbst auf einer Tafel verewigen lassen. Je mehr Aufmerksamkeit, desto mehr Anerkennung. Ein durchaus menschlicher Zug.
Doch auch im „Verborgenen“ wird der Dank von allen geschätzt. Ein Dankesbrief oder ein Anruf sind immer willkommen – und werden auch erwartet. Wie sehr ein Spender auch betonen mag, doch „einfach Helfen“ zu wollen, wer keinerlei Wertschätzung dafür erfährt, der wird die Beziehung zur Organisation auf Dauer enttäuscht ob der Einseitigkeit abbrechen.
Wichtig für einen wirkungsvollen Dank sind zeitliche Kohärenz und Individualität.
Zeitliche Kohärenz meint, dass der Dank so nah an der Spende liegt, dass er vom Spender noch dem Verhalten zugehörig empfunden werden kann. D.h. nicht, dass Sie bereits am Folgetag danken müssen. Doch wenn Sie erst am Jahresende für alle Spenden des abgelaufenen Jahres gemeinsam danken, so wird das zwar positiv zur Kenntnis genommen, wirkt aber aus lernpsychologischer Sicht nicht Verhaltensfördernd.
Je individueller Sie danken, desto mehr fühlt sich der Dank-Empfänger persönlich anerkannt. Selbstverständlich sollte sein, den Dank nicht an eine anonyme Spenderschaft („Liebe Spenderinnen und Spender“) zu senden, sondern Frau oder Herr Meier direkt zu benennen. Gut ist es, die Spendenhöhe mit aufzuführen („Für Ihre Spende von X €…“). Im Idealfall nehmen Sie im Dankesbrief Bezug auf den Spendenzweck (sofern die Spende zweckgebunden war). Wenn es Ihnen noch gelingt, aus dem betreffenden Projekt Erfolge zu vermelden, wird der Spender IHNEN für die Wertschätzung und Informationen dankbar sein. Das verstärkt sein Spendeverhalten sicher.
Zu danken, das ist weit mehr als die Erfüllung einer reinen Höflichkeitsnorm.
Zu danken, das hilft auch dem Dankenden, sich ins Bewusstsein zu rufen, dass ihm etwas gegeben wurde. Etwas, das nicht selbstverständlich gewesen ist.
GOLDWIND wünscht Ihnen einen dankenswerten Herbst.