Professionelles Fundraising ist für die meisten meiner Infoletter-Leser/-innen selbstverständlich. Schon die Tatsache, dass Sie sich über Spenderpsychologie und die Optimierung des eigenen Fundraisings informieren, spricht dafür. Dennoch lohnt es, sich ins Bewusstsein zu rufen, wie eng Professionalität mit Spenderbindung zusammenhängt.
Die wenigsten von Ihnen betreiben Fundraising ehrenamtlich nebenbei. Doch der Grad der Professionalisierung pro Organisation ist sehr unterschiedlich. Wichtig ist dabei nicht nur, wie professionell die internen Abläufe gestaltet sind, sondern wie professionell sie nach außen wirken. Das hat einen großen Einfluss auf die Spender – und entsprechend deren Spenden.
Vertrauen ist ein Eckpfeiler im Fundraising. Wo Spenderinnen und Spender nicht selbst überprüfen können, was mit ihren Spenden wirklich passiert, entscheidet die Höhe des Vertrauens über die Bereitwilligkeit zu spenden. Vertrauen entsteht normalerweise über die Zeit. Je öfter wir Kontakt mit anderen Menschen (und Organisationen) haben, desto besser lernen wir, wie sie „ticken“. Wenn sich eine Person in vielen Situationen als verlässlich erwiesen hat, bin ich gerne bereit, ihr in einer Notlage zu helfen, z.B. Geld zu leihen. Ich kann darauf vertrauen, es zurückzubekommen, denn ich habe sie als vertrauenswürdig zu schätzen gelernt.
Bei einer Organisation, die zum ersten Mal in Kontakt mit einem (potenziellen) Spender tritt, ist dieses Vertrauen noch nicht gewachsen. Der Spender muss anhand weniger Indikatoren abschätzen, ob er der Organisation vertrauen kann. Ähnlich wie wir Menschen nach ihrem Äußeren beurteilen (ob es uns gefällt oder nicht…), tun wir das auch bei Organisationen. Es kommt nicht von ungefähr, dass uns Bankmitarbeiter oder Versicherungsvertreter stets gut gekleidet begegnen. Würden Sie wirklich jemanden Ihre Ersparnisse anvertrauen, der zerschlissene Kleidung trägt, unfrisiert ist und übel riecht? Auch wenn das eine mit dem anderen nicht wirklich etwas zu tun haben muss – unser Gehirn ist pragmatisch und geht radikal von gelernten, erlebten oder vermeintlichen Zusammenhängen aus. Wer sich nachlässig kleidet, wird ebenso mit Geld umgehen.
Dasselbe gilt für den Auftritt von Organisationen – und zwar nicht nur von deren Mitarbeiter/-innen. Für einen kleinen Verein, der nachweislich ehrenamtlich geführt wird, mag das Word-Art-Logo, das selbstausgedruckte Mailing mit Tippfehlern und die Baukasten-Webseite von 2003 noch durchgehen. Wer größere Spendenziele hat, muss entsprechend auftreten. Denn ein professioneller Auftritt führt deswegen Vertrauen, weil er Kompetenz ausstrahlt. Wer schlampig kommuniziert, kann in den Projekten oder bei der Spendengeldverwaltung nicht plötzlich akkurat sein.
Es lohnt sich also in interne oder externe Experten für Grafik, Text, Lektorat, Webseiten und natürlich Fundraising zu investieren. Das betrifft im Übrigen nicht nur die Spendenbitte, sondern auch den Spenderdank. Gerade dieses wichtigste Werkzeug der Spenderbindung kommt erstaunlich oft „selbst gemacht“ daher.
Neben einer professionell anmutenden Spenderkommunikation erhöht auch vorbildlicher Spenderservice die Bindung der Spender. Dazu gehören bspw. ein unaufgeforderter Versand der Spendenquittungen, erkennbare Ansprechpartner, eine gute Erreichbarkeit per Telefon, eine kurze Beantwortungsdauer bei E-Mail-Anfragen, eine bedienerfreundliche Webseite, ein freundliches, authentisches Auftreten der Mitarbeiter, sachkundige Antworten auf Spenderanfragen sowie ein gutes Beschwerdemanagement. Wo sich die Kriegsgeneration noch durch die ihr bekannte Genügsamkeit auszeichnet, haben schon die Babyboomer eine andere Erwartungshaltung an Serviceorientierung. Und das ist völlig legitim. Für die Spender und ihre Anliegen da zu sein, zeugt von Achtsamkeit und Wertschätzung. Beides verstärkt die Treue zur Organisation – und nicht nur zu ihrer Mission.
Non-Profit bedeutet keinesfalls Non-Professionell. Professionalität zeigt sich dabei nicht nur in den Projekten, sondern auch im Umgang mit den Spenderinnen und Spendern. Getreu dem Motto: Frage nicht, was deine Spender für dich tun können, sondern was du für sie tun kannst.
Wenn Sie noch etwas über P wie PS-Zeile, Perspektive des Spenders/psychologische Nähe und prüfende Spender erfahren möchten, finden Sie auch außerhalb des Glossars dazu Informationen.