Das Spendenwesen ist so alt wie die Kirche selbst, die Abgabe des Zehnten ist bereits in der Bibel verankert. Der Aufruf zur Nächstenliebe und die jahrtausendalte Spendenpraxis sind so stark, dass davon zur Weihnachtszeit auch alle nicht-christlichen Projekte profitieren.
Die Zugehörigkeit zur Kirche oder Nähe zu christlichen Themen bietet für christliche Organisationen Chancen und Gefahren zugleich. Wie Sie die Marke „Kirche“ nutzen können und worauf Sie achten sollten, lesen Sie im folgenden Artikel.
Hilfeverhalten, egal ob es sich um Spenden oder um Hilfetaten handelt, wird von vielen psychologischen Faktoren beeinflusst. Entscheidend ist zum Beispiel die Norm der sozialen Verantwortlichkeit, die häufig auch als „altruistische Norm“ bezeichnet wird und ihren Ursprung in der jüdisch-christlichen Tradition hat und zur Gesellschaftsnorm wurde. Diese Norm besagt, dass man Schwächeren, Kranken und benachteiligten Menschen helfen soll.
Ob diese Norm jedoch zum Tragen kommt und tatsächlich Hilfeverhalten auslöst, hängt davon ab, wie verfügbar sie zum Zeitpunkt des Hilfeersuchs ist. Dies erklärt das hohe Spendenverhalten im Rahmen von Kirchenveranstaltungen sowie in der Weihnachtszeit. Sowohl ein Kirchengebäude als auch die Adventszeit sind beide stark mit Nächstenliebe assoziiert und lösen so die soziale Norm aus. Die Spendenbereitschaft steigt.
Neben der altruistischen Norm kann aber auch sozialer Druck verantwortlich für Hilfeverhalten sein. Dieser entsteht, wenn wir in einer eindeutigen Hilfesituation von anderen beobachtet werden und somit ein Erwartungsdruck in Bezug auf die (altruistische) Normerfüllung entsteht. Die Kombination von aktivierter sozialer Norm und sozialem Druck führt z.B. dazu, dass der Klingelbeutel im Gottesdienst an kaum einem Besucher ungenutzt vorbeizieht. Entscheidend für die anschließende Bewertung des Hilfeakts und der Empfängerorganisation ist jedoch, ob beim Kollektenwurf die soziale Norm oder der soziale Druck im Vordergrund stand. Die Projekte werden positiver bewertet, wenn die Spende freiwillig war (Normerfüllung).
Tipp: Aktivieren Sie als christliche Organisation die altruistische Norm durch Ihren Namen oder den Verweis auf Ihren christlichen Hintergrund. Je stärker die Norm aktiviert ist, desto größer jedoch die Gefahr des sozialen Drucks bei öffentlichen Spenden. Achten Sie stets darauf, die größtmögliche Freiwilligkeit bei der Spende zu wahren, um einen Bewertungsverlust zu vermeiden.
Spenden bedeutet, sein eigenes Geld unbekannten Menschen anzuvertrauen, und darauf zu hoffen, dass diese die Gelder rechtmäßig einsetzen. Mit Spenden ist daher immer ein Risiko verbunden, denn der Spender muss seine Kontrolle ab- bzw. übergeben. Je unbekannter eine Organisation ist, desto größer ist das Risikoempfinden, denn es fehlt die Erfahrung mit der Organisation und ihrer Arbeit.
Neue Organisationen müssen sich Vertrauen also mühsam erarbeiten. Geht die Organisation oder Stiftung direkt aus der Kirche hervor, so ermöglicht die Nutzung des Labels „Kirche“ einen Vertrauensvorschuss. Mit der „Kirche“ besteht bereits eine Vertrautheit. Verhalten ist vorhersehbar, denn Normen, Werte, Moralvorstellung, Arbeitsziele (und -weisen) sind bekannt. Wer ein positives Bild von „seiner“ Kirche hat, wird dieses auf die ihm noch fremde Organisation übertragen.
Die gleichzeitige Gefahr liegt auf der Hand: Wer bereits schlechte Erfahrung mit kirchlichen Einrichtungen gemacht hat, wird der neuen Organisation selten eine Chance geben. Auch öffentliche Kirchenskandale strahlen negativ auf alle christlichen Organisationen ab. Schnell wird generalisiert und alle(s) in Frage gestellt.
Ausweg: Nutzen Sie die vorhandenen Eigenschaften der Marke „Kirche“, die sie sich in den letzten 2000 Jahren aufgebaut hat und verweisen Sie auf die Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft. Achten Sie dennoch darauf, als spezifisch und eigenständig in Ihrer Arbeit wahrgenommen zu werden. Nur dann haben Sie die Chance, dass nicht jedes öffentlich diskutierte Kirchenthema mit Ihnen in Verbindung gebracht wird.
So sehr die Spende oder ein Ehrenamt als traditioneller Ausdruck christlicher Nächstenliebe gesehen wird, sie sollten nie einseitig bleiben. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ heißt: Sei für den anderen da – aber auch für dich. Nächstenliebe darf nicht mit Selbstaufopferung gleichgesetzt werden. Christliche Organisationen stehen hier in der Verantwortung: Achten Sie darauf, dass sich niemand aufgrund der christlich-aktivierten sozialen Norm im Helfen übernimmt. Lassen Sie auf Nehmen auch ein Zurück-Geben folgen. Denn auch die Nächstenliebe gegenüber dem Spender ist wichtig: Welche Bedürfnisse und Wünsche hat er? Was kann man ihm mal Gutes tun?
In diesem Sinne wünscht GOLDWIND Ihnen ein segenreiches und wertschätzendes Fundraising in Ihrer Organisation.