Eigentlich ist es logisch: Nur wenn etwas für eine Person relevant ist, beschäftigt sie sich damit. Nur wenn ein Produkt relevant wird, kauft man es. So ist es auch im Spendenwesen. Nur für relevante Themen wird freiwillig Geld gespendet. Doch was ist relevant?
Fundraiser*innen sollten sich immer auf die Suche nach Menschen machen, für die das Anliegen der NGO ebenfalls ein eigenes Anliegen darstellt. Diese Verbindung zu erkennen, ist nicht nur Aufgabe der Spender*innen („mir ist Tierschutz wichtig, ich suche mir eine Tierschutzinitiative“), sondern ebenso die der Organisationen. Sie können Relevanz nicht nur verstärken, sondern auch herstellen. Umweltschutz ist bspw. ein Thema, das nicht nur für die Umwelt wichtig ist und Menschen interessiert, denen die Umwelt am Herzen liegt. Umweltschutz kommt jedem einzelnen zugute. Entscheidend ist, dies in der Kommunikation herauszustellen.
Je relevanter ein Spender die Arbeit der NGO empfindet, umso stärker die Bindung, zunächst an das Thema und die Projekte. Wenn nun auch die NGO glaubhaft vermittelt, dass sie selbst von Relevanz ist, entsteht auch zu ihr eine starke Bindung. Relevanz bedeutet in diesem Fall, dass die Spender*innen überzeugt sind, dass die NGO einen echten Unterschied macht. Wenn es sie nicht gebe, wäre die Welt schlechter. Wenn sie keine Spenden mehr bekommt und ihre Arbeit nicht verrichten kann, wird ein für den Spender bedeutsames (relevantes) Thema nicht mehr bearbeitet. Entsprechend ist es ihm nicht nur wichtig, für den Tierschutz zu spenden, sondern dass NGO XY sein Geld bekommt, weil sie aus seiner Sicht am besten oder auf einzigartige Weise für Tierschutz eintritt. Er glaubt, dass zwar auch Organisation XZ Tierleid bekämpfen, aber eben nicht so gut.
Relevanz ist auch die Antwort auf die Frage, wie oft eine NGO ihre Spender*innen anschreiben soll/darf. Nicht die Anzahl der Kontakte ist entscheidend, sondern einzig, ob die Inhalte für die Spender*innen so sehr von Bedeutung sind, dass sie sie lesen wollen. Wir alle haben Newsletter, Medieninhalte oder Zeitschriften abonniert, die wir wöchentlich oder gar täglich konsumieren – weil es uns interessiert. Andere Newsletter erscheinen nur dreimal im Jahr und werden dennoch weggeklickt, weil sie uns langweilen. Die Kommunikation der Organisation muss also maximal relevant sein!
Ein immer wiederkehrender Spendenaufruf verliert schnell an Bedeutung (zumindest für die allermeisten Spender*innen). Viel wichtiger ist für sie, was in den Projekten passiert. Sie wollen wissen, was aus ihren Spenden geworden ist. Die Wirkung der Spende ist ein zentraler Punkt – und er wird für zukünftige Spendergenerationen immer wichtiger. Wirkung ist aus Spendersicht ein hochrelevanter Aspekt! Viele Organisationen berichten stattdessen lieber – schwerpunktmäßig – von sich selbst: Sie erzählen von ihrer Mission, neuen (internen) Entwicklungen und Herangehensweisen, warum und wofür sie Geld brauchen, welche Spendenmöglichkeiten es gibt, warum sie anders sind als andere. Das alles soll nicht gänzlich ausgeblendet werden. Es ist für die Spender*innen aber einfach nicht von zentraler Bedeutung und lähmt somit das Interesse an der Kommunikation.
Spender*innen spenden nicht ausschließlich aus Nächstenliebe oder Weltverbesserungsgedanken. Sie haben einen besonderen Bezug zum Thema und daher interessieren sie sich auch für Informationen rund um dieses Thema, die ihnen selbst zugutekommen. Ein religiöser Spender einer christlichen Missionsorganisation freut sich über einen Andachtstext, Tierschutzspender über Tipps fürs Tier, Umweltschutzspender über Ideen, wie sie ihren eigenen Beitrag leisten können, Gesundheitsschutzspender wie sie bestimmten Krankheiten vorbeugen können etc. Das alles ist für die jeweilige Gruppe relevant und wird deswegen gerne konsumiert.
Zur Relevanz trägt auch der Grad der Individualisierung in der Kommunikation bei. Schlüsselworte lenken die Aufmerksamkeit auf individuell relevante Themen. Leistungsorientierte Menschen wenden sich einem Text zu, der die Überschrift trägt „Wie Shalia ihre Existenz wieder aufbauen konnte“. Ein familienorientierter Mensch dem Text „Endlich kann Shalia ihre Familie wieder umsorgen“. Eine hedonistische Person wird von dem Text „Es war ein aufregender Tag für Shalia“ angezogen.
Ein besonders eindrückliches Beispiel für persönliche Relevanz war im Übrigen der Brand von Notre Dame in 2019, der – ohne echten Spendencase – zum bis dato größten Spendenaufkommen führte. Warum das so war, können Sie hier nachlesen. In diesem Jahr hat uns die Corona-Krise gezeigt, wie sich ein für alle Personen relevantes Thema in Spendenzahlen niederschlägt.
Was als relevant eingestuft wird und was nicht, ist nicht allgemeingültig, sondern sehr individuell. Je besser sie herausfinden, was ihre Spender*innen wichtig finden und je besser sie das in der Kommunikation herausstellen, umso länger werden sie ihnen als aktive Spender*innen erhalten bleiben. Ein echte Win-Win-Situation.
Wenn Sie noch etwas über R wie Reziprozität und nochmal Reziprozität oder Richtungsstreit erfahren möchten, finden Sie auch außerhalb des Glossars dazu Informationen.